Chorreise ins Burgund / Dijon

Für einmal war gut beraten, wer anstelle des Regenschirms die Badehose mit auf die Reise nahm. Bei hochsommerlichen Temperaturen führte die erste Etappe im klimatisierten Bus via Mulhouse nach Dijon. Die Zeit vor der Stadtführung nutzten viele für einen ersten Spaziergang, eine kleine Mahlzeit oder zum Kauf von Badesachen in den ‚Galleries Lafayette‘.

Auf dem ‘Rundgang der Eulen‘ durch die beschauliche Innenstadt gab es nebst schönen Gässchen, grandiosen Plätzen, Kirchen und der historischen Markthalle viele pittoreske Ecken zu bewundern. So auch die alte Weinschänke, in welcher Gérard Depardieu im Film als Philosoph, Rauf‐ und Trunkenbold Cyrano de Bergerac zu Höchstform auflief.

Die Stadt gibt sich selbstbewusst und ist stolz auf ihre Söhne. Nebst Grössen mit sinkendem Bekanntheitsgrad, wie etwa ‚Karl dem Kühnen‘ dürfte Gustave Bönickhausen allen ein Begriff sein.

„Ohne Dijon wäre Paris nicht, wie heute es ist“ erklärte uns die nette Führerin. Wohl zu Recht, haben doch die Bauwerke des deutschstämmigen Mannes – genannt Eiffel – das Antlitz vieler Städte geprägt und auch die Eisenstruktur der stilvollen Markthalle basiert auf seinen Plänen. Speziell für die Freunde des Aperitifs erwähnenswert wäre da auch noch Bürgermeister Félix Kir (1876‐1968). Ihm verdankt die Welt das gleichnamige Getränk aus dem Weisswein Bourgogne Aligoté mit etwas Crème de Cassis. In der edlen Version mit Champagner auch als ‚Kir Royal‘ bekannt. Für schmunzeln sorgten die zahlreichen und teils etwas ‚schrägen‘ Hochzeitsgesellschaften vor dem Stadthaus und in der überlaufenen ‚ salle d’attente de mariage‘.

Weiter ging es zu Abendessen, Übernachtung und Bad im erfrischenden Pool nach Nuit St. George ins idyllische Landhotel ‚La Gentilhommière‘. Das abendliche ‚Menu Terroir‘ hielt gleich einige Herausforderungen bereit. Nach dem von Ehrenmitglied Erich spendierten Apéro mit Kir (siehe oben), ging es zunächst um die Frage ‚Escargots der Bourgogne‘ (Schnecken), oder doch lieber

‚Jambon Persillé‘? Darauf folgte die Qual der Wahl des Weines aus einer Karte mit dem Umfang eines Telefonbuchs und Preisen die einem das Fürchten lehren konnten. Doch damit nicht genug. Derweil sich ‚nouvelle Cuisine‘ Portionen üblicherweise bequem in eine Briefmarke einwickeln lassen, ging es hier deftig zur Sache. Brav die aufgetischten Vorspeisen restlos aufessend, sahen sich einige anschliessend unverhofft ausser Stande, den delikaten und in einer Arbeitergamelle servierten Hauptgang ‚Boeuf Bourguignon‘ auch nur anzurühren.

Durch diese Lektion geläutert und entsprechend vorsichtiger, kam dafür am Sonntagmorgen bei der Degustation in Chevrey Chambertin niemand in Versuchung, alle gereichten Proben auszutrinken. Meine persönlichen Erkenntnisse der Degustation lassen sich wie folgt zusammenfassen. Erstens: wider Erwarten weisen edle Etiketten mit goldener Krone und Löwen nicht immer auf ein Château als Herkunft hin. Und zweitens: selbst Kleinstproduzenten wie der sympathische Philippe Rossignol mit Frau, sind auch ohne Château in der Lage, in ihrer improvisiert wirkenden Kellerei, bestehend aus ausgebauter Garage und Keller ihres Hauses, hervorragende und gut bewertete Weine herzustellen. Die Rückfahrt durch die malerische Landschaft wurde durch einem Abstecher zu Le Corbusiers berühmter Marienkapelle in Ronchamps aufgelockert. Nach einem kleinen Imbiss überraschte der Chor die anwesenden Besucher mit dem ausdrucksvollen ‚Ave Maria‘ von J. Arcadelt. Dies war denn auch der musikalische Höhepunkt unserer Reise, die alles bot was man sich wünschen kann. Merci Emilia et Hélène – et à une prochaine fois!

Geri Weibel