Chorreise in den Jura

Gut gelaunt und nach den Erfahrungen der letzten Reisen voller Erwartungen, starteten wir Sonntag früh zu unserer eintägigen Expedition in den wenig bekannten Jura. Stadtführung Delémont. Nach Verlassen des Cars und in der kühlen Morgenluft leicht fröstelnd, beschlich einem schon nach wenigen Schritten durch die Altstadt – nebst dem Bedürfnis, schnell wieder in den warmen Car zu steigen – auch der Verdacht, eigentlich bereits alles gesehen zu haben. Doch wie so oft füllte sich die Szenerie während der folgenden Führung schon bald mit Leben und verwandelte die kleine, 2006 mit dem Wakkerpreis dekorierte Hauptstadt des jungen Kantons Jura in einen durchaus sehenswerten Ort. Von den ehemaligen Herren in Bern vernachlässigt und trotz, oder vielleicht bis zu einem gewissen Grad gerade auch wegen der bis heute anhaltenden finanziellen Tristesse, hat Delémont einiges zu bieten. Zu gerne hätte ich auch von der schmalen Galerie des Turmes aus das Panorama von Stadt und Umgebung bewundert. Indes erstickte eine andere Aussicht, nämlich diejenige auf Treppensteigen, diesen Plan bereits im Ansatz. Dank den Basler Fürstbischöfen gibt es ein schmuckes, mit orientalischen Kriegerfiguren und viel Stuck verziertes Stadtschloss. Die eleganten, hohen Räume der ehemaligen Sommerresidenz dienen heute als Schulzimmer und im stimmungsvollen Park lockt während der Sommermonate ein Open-Air-Kino. Weiter ging es von Delémont nach Porrentruy – just wie weiland HD Läppli im Film von 1959. Im Gegensatz zum braven Soldaten, der bekanntlich beim Kirchturm in Courrendlin falsch abbog und deshalb irrtümlich nach Moutier – dort war ich auch noch nie – marschierte, steuerte Markus K. den Car zielsicher durch die schönen und dünn besiedelten Landschaften der Ajoie. Zu dieser Augenweide passte die Verkündung des in blumigem Französisch gehaltenen Mittags-Menus: Le jambon cru d‘Ajoie. Pêches, amandes douces à la fleur de sel. La coriandre en huile vierge, baies du Munotc. La poitrine de canette de Challans, miel „fleurs de la Baroche, persil… oh la la, aber hoffentlich keine Schnecken! Nach kniffliger und durch den Chauffeur trotz kurzer Panik seitens weiblicher Passagiere mit ‚Sägetechnik’ tadellos gemeisterter Auffahrt zum Restaurant Château de Pleujouse – gab es zur Entspannung ein Glas Weissen auf dem schönen, wenn auch etwas zugigen Vorplatz des malerischen Schlösschens. Vor dem Essen überraschten wir die mehrheitlich französischsprachigen Gäste und Angestellten – man ahnt es – mit J.B. Hilbers unsterblichen Gassenhauer „Ticino e Vino“. Warmer Applaus. Das Essen und die Stimmung waren ganz hervorragend und man möchte gerne wieder einmal zurückkehren. In Porrentruy flackerte die Erinnerung an Läppli ein zweites mal auf, gemahnte die etwas verkrampfte Stadtführerin doch ein wenig an Oberleutnant Clermont im Kompaniebüro Pruntrut. Ursache für die Verstimmung lag in Emilias Besichtigungs-Wunsch „Porrentruy in religiöser Hinsicht“. Unser Leutnant – pardon die Stadtführerin – dazu genötigt ihre Präsentation neu zu erarbeiten, liess denn auch immer wieder durchblicken, dass sie eigentlich gerne dies und das zeigen wolle, aber „auf Grund des von Ihnen gewünschten Programmes…“ Nun ja, bei allem Respekt vor silbernen Monstranzen hätte ich offen gesagt auch lieber etwas mehr vom Städtchen gesehen. Doch dies tat dem Ganzen keinen Abbruch und so bleibt obendrein für einen nächsten Besuch noch genügend Raum für Entdeckungen. Auf der Rückreise via Saignelégier gab es schöne Bauernhäuser und weite Landschaften mit vielen frei laufenden Pferden zu bewundern. Vielen herzlichen Dank für eine weitere tolle Reise – und wie immer: a une prochaine, chère Emilia.

Geri